Vielfalt innerhalb des Reinheitsgebots

Wasser, Hopfen, Malz und Hefe. Das ist alles? Ja, das ist alles. Während dies für viele nach einer Einschränkung klingt, wissen die Profis, welche Möglichkeiten in diesen vier Rohstoffen stecken. Etwa 170 Hopfensorten, 40 Malzsorten, 200 Hefestämme – vom Wasser ganz zu schweigen – machen es möglich, eine unglaubliche Bandbreite an verschiedenen Aromen zu erzeugen. Die Kombinationsmöglichkeiten sind bei Weitem noch nicht erschöpft und Beweis dafür, dass das Reinheitsgebot keineswegs ein Einheitsgebot ist.

 

Hoppy side of life

Hopfen, die Seele des Bieres, die bittere Süße der Bierwelt, Granate der Aromawelt. Wie auch immer man es bezeichnet, ohne Hopfen keine Bittere, kein Schaum und keine tropischen Früchte. Dank neuer Züchtungen, aber auch altbewährter Hopfensorten, haben wir heute eine weltweite Vielfalt an Bitter- und Aromahopfen, aus der die Brauereien schöpfen können. Nicht nur die Auswahl der Hopfensorten, sondern auch der Zeitpunkt, wann der Hopfen im Brauprozess eingesetzt wird, spielt eine erhebliche Rolle für die Aromatik in einem Bier. Hopfen wird zunächst einmal während des Kochens hinzugegeben. Hier spielen die Bittere und die Schaumstabilität sowie Haltbarkeit von Bier die wesentlichen Rollen. Sollen sich jedoch Aromen wie Zitrus, Grapefruit, Ananas oder Maracuja entfalten, muss der Hopfen später im Brauprozess dazugegeben werden. Da dieses im Kaltbereich stattfindet, wird dieser Vorgang auch Kalthopfung genannt. Ein anderer weitverbreiteter Begriff ist Hopfenstopfen oder Dryhopping. Neben der Frage, welcher Hopfen, wie viel und welcher Zeitpunkt der Hopfung, stellt sich nur noch die Frage, wie viele verschiedene Sorten Hopfen verwendet werden.

 

Rauch, Kaffee und Karamell – Malz macht’s möglich

Aus Gerste wird Malz. So einfach ist das? Ja, aber vielleicht doch nicht ganz so pragmatisch, wie es zunächst klingt. Der Prozess in der Mälzerei ist sehr komplex und bietet eine weitere Basis für Vielfalt innerhalb des Reinheitsgebots. Je nach Röstgrad ändert sich nicht nur die Farbe des Malzes, welche Einfluss auf die Farbe des Bieres hat, sondern auch der Geschmack. Je länger der Röstprozess, desto dunkler das Malz, desto röstiger die Aromen. Während helles Malz Aromen wie Brot und Karamell mit sich bringt, sind dunkle Malze für Kaffee- und Schokonoten verantwortlich. Malz kann auch geräuchert werden und gibt entsprechende Noten an das Bier weiter. Kombiniert man unterschiedliche Malzsorten, kann man sehr komplexe Aromatiken erreichen.

 

Klein, aber oho – Hefezellen im Einsatz für die Biervielfalt

Untergärig, obergärig – gibt’s da noch mehr zu sagen? Aber natürlich! Die Hefe ist nicht einfach nur da, um Zucker in Alkohol und Kohlensäure zu verwandeln, sie hat durchaus großen Einfluss auf den Geschmack des Bieres. Denn warum schmeckt wohl ein Weißbier so bananig? Neben den uns bekannten obergärigen und untergärigen Bieren gibt es noch die spontanvergorenen Biere, die jedoch eher in Belgien üblich sind. Wie kommt nun aber hier die Vielfalt ins Spiel? Viele Brauereien züchten ihre eigenen Hefestämme, die spezielle Eigenschaften haben und für bestimmte Aromen verantwortlich sind. Hefebanken bieten dann zusätzlich eine Vielzahl an Hefestämmen. Im Brauvorgang selbst kann sogar mit mehreren Hefen, die allerdings nacheinander eingesetzt werden müssen, gearbeitet werden. So finden beispielsweise auch eher unübliche Hefen wie die Champagner-Hefe ihren Einsatz beim Bierbrauen.

 

Die Bedeutung der Lagerung in Holzfässern

Bier, das nach Whisky schmeckt? Ist das noch konform mit dem Reinheitsgebot? Keine Sorge, da wird nicht Whisky mit Bier vermischt. Lagerung von Bier in Holzfässern hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Ausgewählt werden Fässer, die beispielsweise vorher für Wein oder Spirituosen eingesetzt worden waren. Die Aromen aus dem Holz gehen ins Bier über und verleihen ihm so unverkennbare Nuancen. Immer beliebter wird es auch, Bier aus verschiedenen Fässern vor dem Abfüllen zu vermischen – zu blenden, wie man im Fachjargon sagt. Neben den besprochenen Rohstoffen ergeben sich durch die Lagerung von Bier unfassbar viele Möglichkeiten, das Aroma von Bier zu beeinflussen.